Modernisierung der Handelsregisterverordnung

Die Handelsregistergebühren fallen durch die Revision rund einen Drittel tiefer aus. Die Registersperre wird abgeschafft, da seit der Einführung der ZPO und der dadurch bereitgestellten vorsorglichen Massnahmen eine gewisse Doppelspurigkeit bestand. Ferner können künftig auch bevollmächtigte Personen Anmeldungen für eine Rechtseinheit einreichen. Wieso die Möglichkeit der Bevollmächtigung das angestrebte Ziel verfehlen dürfte, erfahren Sie weiter unten.

Es ist leider nicht davon auszugehen, dass künftig mehr Personen mit Spezialwissen in die Anmeldungen von Handelsregistergeschäften involviert sein dürften
— RA Sebastian Wälti

Zahlreiche Bestimmungen der Handelsregisterverordnung werden in das Obligationenrecht überführt, was zu einer Verschlankung und Beschränkung der Verordnung auf Ausführungsbestimmungen führt. Grund für die Anpassungen ist, dass die Vorschriften über das Handelsregister im Obligationenrecht seit 1937 nicht mehr umfassend revidiert worden sind. Diese Regelungen entsprechen den heutigen Bedürfnissen der Benutzerinnen und Benutzern nicht mehr, weshalb die Modernisierung angezeigt ist.

Die neuen Bestimmungen werden am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Durch die neu zu schaffende zentrale Datenbank können natürliche Personen künftig gesamtschweizerisch identifiziert werden. Deshalb sind bereits vor einigen Tagen am 1. April 2020 die Bestimmungen über die zentrale Datenbank Personen in Kraft getreten. Bislang war es aufgrund der dezentralen Speicherung der erhaltenen Personendaten in den jeweiligen kantonalen Handelsregisterämtern nicht möglich, für die gesamte Schweiz eine Übersicht zu erhalten, welche natürliche Person in welcher Funktion und Zeichnungsberechtigung bei welchen Rechtseinheiten im Handelsregister eingetragen ist. Die Identifikation der natürlichen Personen erfolgt neu systematisch über die AHV-Versichertennummer. Verantwortlich für die Erteilung der Rechte, den Datenschutz und die Datensicherheit dieser Datenbank ist das EHRA (Art. 14a HRegV).

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Des weiteren wurden folgende Änderungen beschlossen:

  • Die zur Einreichung einer Anmeldung zugelassenen Personen werden erweitert. So sind z.B. bei juristischen Personen nicht mehr nur die Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans zur Anmeldung berechtigt, sondern jede für die betroffene Rechtseinheit zeichnungsberechtigte Person gemäss ihrer Zeichnungsberechtigung oder eine bevollmächtigte Drittperson (z.B. Rechtsanwalt). Die Bevollmächtigung einer Drittperson muss gemäss der Zeichnungsberechtigung von einem oder mehreren Mitgliedern des obersten Leitungs- und Verwaltungsorgans unterzeichnet sein und sie ist der Anmeldung beizulegen (Art. 17 Abs. 3 nHRegV).

  • Neu gilt auch für Gebühren des Handelsregisters das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip. Insgesamt werden durch die Revision die Gebühren um rund einen Drittel gesenkt. Es wird prognostiziert, dass durch die Senkung die Wirtschaft um CHF 14 Mio. p.a. entlastet und es den Kantonen weiterhin möglich sein wird, den Grossteil der Kosten der Handelsregisterämter mit den Gebühreneinnahmen abzudecken.

  • Die sogenannte “Stampa-Erklärung” wird als separater Beleg abgeschafft und die Erklärung ist neu in der öffentlichen Urkunde festzuhalten.

  • Die Registersperre nach Art. 162 und 163 HRegV wird aufgehoben. Der Rechtsschutz wird seit dem Inkrafttreten der ZPO durch Art. 262 lit. c ZPO gewährleistet. Nach dieser Bestimmung können Registerbehörden (wie z.B. das Handelsregisteramt) vorsorglich angewiesen werden, eine bestimmte Handlung bzw. Eintragung vorzunehmen oder vorerst zu unterlassen. Diese vorsorglichen Massnahmen können auch superprovisorisch angeordnet werden, weshalb die spezialrechtliche Registersperre nicht mehr benötigt wird. Entlastet werden dadurch die Handelsregisterbehörden, welche sich nicht mehr mit teilweise heiklen Fragen wie z.B. Umfang der Sperre, gültige Prosequierung und Kettensperren auseinandersetzen müssen. Dies ist künftig direkt Aufgabe des Gerichts.

  • Für die bereits heute gelebte Praxis der Handelsregisterämter, wonach fehlerhafte Einträge berichtigt und für unvollständige Einträge Nachträge erfasst werden, wird eine rechtliche Grundlage geschaffen. Der jeweilige Tagesregistereintrag ist entsprechend zu kennzeichnen.

  • Falls neu erstmalig Inhaberaktien ausgegeben werden, ist ein Nachweis über die Kotierung der Beteiligungspapiere an einer Börse oder der Ausgestaltung als Bucheffekten einzureichen.

  • Die Umschreibung des Zwecks ist unverändert aus den Statuten oder der Stiftungsurkunde zur Eintragung zu übernehmen. Das Ermessen des Handelsregisters zur Kürzung entfällt, um eine einheitliche Darstellung der Handelsregisterauszüge zu gewährleisten.

  • Gemäss Art. 936 Abs. 2 nOR sind die Einträge, Statuten und Stiftungsurkunden im Internet gebührenfrei zugänglich zu machen. Dadurch müssen beispielsweise bei einer ausserkantonalen Sitzverlegung die bisherigen Statuten nicht mehr eingereicht werden.

  • Bei Fusionen und Spaltungen werden die mitbeteiligten Handelsregisterämter aus anderen Kantonen vom prüfenden Handelsregisteramt nur noch über die Eintragungen informiert. Anmeldungen und beglaubigte Kopien der Belege müssen nicht mehr übermittelt werden.

  • Der Rechtsschutz für Verfügungen der Handelsregisterämter findet sich neu im Obligationenrecht.

Kritische Bemerkungen

Zur Möglichkeit der Bevollmächtigung von Drittpersonen: Wird in der Praxis ein Rechtsanwalt oder Notar bevollmächtigt, kann dieser zwar die Anmeldung unterzeichnen, die Klientin hat aber dennoch eine unterzeichnete Vollmacht im Original per Post zuzuschicken, weil diese dem Handelsregisteramt ebenfalls im Original einzureichen ist (Art. 20 Abs. 1 HRegV ist von der Revision nicht betroffen). Dadurch kann der Klientin gleich (wie bis anhin) die durch den Rechtsanwalt erstellte Anmeldung elektronisch zugestellt werden, diese wird ausgedruckt, unterzeichnet und per Post retourniert. Die angestrebte Erleichterung dürfte durch das Erfordernis der Einreichung der Vollmacht unseres Erachtens weitgehend verfehlt werden.
Nachtrag vom 21.12.20: Gemäss der am 10. Dezember 2020 vom EHRA veröffentlichten Praxismitteilung EHRA 4/20, 3.1.3, sei die Vollmacht kein Beleg im Sinne von Art. 20 HRegV, weshalb diese als (einfache) Kopie eingereicht werden kann.

Ferner rechnet der Bund in seinem Erläuternden Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahren (S. 19) damit, dass die Qualität der Anmeldungen durch die Möglichkeit der Bevollmächtigung steigen dürfte, weil die Anmeldungen nun vermehrt von Personen mit Spezialwissen (gemeint sind wohl u.a. RechtsanwältInnen) eingereicht werden dürften, was zu einer Senkung des Prüfungsaufwands und dadurch der Kosten führen soll. Bei dieser Prognose wird unseres Erachtens ausgeblendet, dass keine Gründe ersichtlich sind, weshalb Laien, welche auch bisher keine Beratung durch Spezialisten in Anspruch genommen haben, dies künftig tun sollten. Es dürfte bisher kaum der Fall gewesen sein, dass die restlichen Belege von Spezialisten erstellt wurden und die Anmeldung für das Handelsregister nicht, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die Qualität der Anmeldungen unverändert bleiben dürfte.

Bereits heute sind in einigen Kantonen gewisse Anmeldungen und Belege elektronisch verfügbar. Dass nun alle Kantone zur Bereitstellung der Einträge, Statuten und Stiftungsurkunden im Internet verpflichtet werden, ist unseres Erachtens zu begrüssen. Bei der Veröffentlichung weiterer Belege ist insbesondere das Datenschutzrecht zu berücksichtigen, nicht dass private Adressen oder Ausweiskopien etc. der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.


Für allfällige Fragen zur Anmeldung von Handelsregistergeschäften oder zur revidierten Handelsregisterverordnung stehen Ihnen Balthasar Wicki oder Sebastian Wälti gerne zur Verfügung.