Das Urheberrecht hat ein Update erhalten

Seit dem 1. April 2020 ist das neue Urheberrecht in Kraft. Der nachfolgende Beitrag setzt sich fokussiert mit den Themen "Schutz von Fotografien" und "Internetpiraterie" auseinander. Eine umfassende Abhandlung aller Neuerungen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.

Im Rahmen der Revision kam es zu kontroversen Diskussionen zwischen den verschieden Anspruchsgruppen, was schlussendlich fast zum Scheitern der gesamten Gesetzesrevision führte. Im Fokus der Diskussionen stand, die durch die Digitalisierung ermöglichte, einfache Verbreitung von Werken. Im Kern ging es bei der Revision darum wie Werke von Kulturschaffenden besser geschützt werden können, sodass damit ein Einkommen generiert werden kann, aber gleichzeitig wollte man den Zugang zu Werken für die Öffentlichkeit verbessern. Es ist offensichtlich, dass sich diese beiden Kernforderungen nur schwer unter einen Hut bringen lassen und daher an vielen Stellen eine gut schweizerische Kompromisslösung notwendig war.

Seit dem 01. April 2020 sind neu alle Fotografien geschützt, unabhängig davon, ob sie von einem professionellen Fotografen gemacht worden sind.
— RA Yves Gogniat

Erweiterter Schutz von Fotografien

Individueller Charakter

Bis anhin waren nur Fotografien mit einem individuellen Charakter geschützt. Die Abgrenzung zwischen einem „Schnappschuss“ und einem Foto mit individuellen Charakter war umstritten und wie die beiden Bundesgerichtsentscheide Wachmann Meili und Bob Marley gezeigt haben, auch ziemlich schwierig einzuordnen.

Gerade Pressefotografen standen im Ergebnis oft ohne Schutz da aber auch den meisten privaten Schnappschüssen fehlte bis anhin der Urheberrechtsschutz. Dieser Zustand erfuhr durch die Revision eine grundlegende Änderung. Seit dem 1. April 2020 sind nämlich neu alle Fotografien geschützt, unabhängig davon, ob sie von einem professionellen Fotografen gemacht worden sind (Art. 2 Abs 3bis URG).

Das heisst, neu sind auch alltägliche Familien- und Urlaubsfotos sowie Pressefotos, Aufnahmen von Produkten und Landschaften durch das Urheberrecht geschützt.

Fotos auf Social Media

Die bisherigen Fotos geniessen ab sofort einen höheren Schutz. Das Hochladen und Teilen von eigenen Fotos ist natürlich weiterhin gestattet und aus urheberrechtlicher Sicht unproblematisch. Das Teilen von Fotos in Form einer Verlinkung ist ebenfalls erlaubt, sofern das Foto nicht gleichzeitig kopiert und eigenständig gespeichert wird. Löscht der Urheber sein Foto, darf im geteilten Beitrag dieses auch nicht mehr ersichtlich sein.

Nutzung von Fotos auf Websites

Der erweiterte Schutz gilt auch für Fotos, die vor dem 1. April 2020 erstellt wurden. Ein bis anhin nicht geschütztes Foto darf somit in Zukunft nur mit der Einwilligung des Urhebers verwendet werden. Die Weiterverwendung eines Fotos im Rahmen des bisherigen Zwecks ist weiterhin zulässig (Art. 80 Abs. 2 URG). Ein bereits auf einer Webseite verwendetes und nicht geschütztes Foto darf somit weiterhin verwendet werden. Bei einer Erneuerung der Webseite oder veränderten Verwendung darf das Foto allerdings nicht mehr ohne Zustimmung verwendet werden. Allgemein sollten auf der eigenen Webseite nur Fotos verwendet werden, für die man die entsprechenden Nutzungsrechte hat. Das Risiko für Webseitenbetreiber ist gestiegen und eine Überprüfung der verwendeten Fotos ist daher angezeigt.  

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Pirateriebekämpfung

Kulturschaffende sind darauf angewiesen, dass ihre Werke vor einer unerlaubten Vervielfältigung und Nutzung geschützt sind. Im Zuge der Revision wurden die Mittel gegen Internetpiraterie gestärkt. Der Eigengebrauch wurde jedoch nicht angepasst. Konsumenten illegaler Filesharing Plattformen machen sich beim Herunterladen von geschützten Werken weiterhin nicht strafbar, nur die illegale Zurverfügungstellung von bspw. Filmen oder Musik ist strafbar. Dies stellt weiterhin ein Unterschied zu vielen ausländischen Rechtsordnungen dar.

In Zukunft werden aber die Internet-Hosting-Dienste stärker in die Pflicht genommen. Hosting-Dienste, die eine besondere Gefahr für Urheberrechtsverletzungen schaffen,

sind in Zukunft verpflichtet, sicherzustellen, dass einmal entfernte Inhalte auch entfernt bleiben (sog. Stay-down Pflicht). Dies gilt jedoch nur für Inhalte, die bereits beim Hosting-Dienst aufgeschaltet und dessen Entfernung verlangt wurde. Die Hosting-Dienste müssen diejenigen Massnahmen ergreifen, die ihnen unter Berücksichtigung der Gefahr solcher Rechtsverletzungen technisch und wirtschaftlich zuzumuten sind (Art. 39d Abs. 2 URG). Im Gegensatz zur EU wird aber kein Uploadfilter eingeführt.

Zusätzlich haben es die einmal angedachten Blocking-Massnahmen durch Access-Provider (sog. Netzsperren) aufgrund massiven Widerstands nicht mehr in das Gesetz geschafft. Neu dürfen jedoch die Rechtsinhaber und -inhaberinnen, die in ihren Urheberrechten oder in ihren verwandten Schutzrechten verletzt werden, Personendaten bearbeiten, soweit dies zum Zweck der Strafantragsstellung oder der Strafanzeigeerstattung notwendig ist und sie rechtmässig darauf zugreifen können (Art. 77i URG). Diese Klarstellung wurde ins URG aufgenommen, da die Erfassung der IP-Adressen als Bearbeitung von Personendaten gilt (vgl. Logistep Entscheid) und dies bis anhin die Verfolgung von Internetpiraterie erschwert hatte. Insgesamt kam es somit nur zu einer geringen Verschärfung. 

Weitere Anpassungen

  • Ausdehnung der Nutzung von verwaisten Werken auf alle Arten von Werken (Art. 22b URG)

  • Einführung der der Video-on-Demand-Vergütung (Art. 13a und Art. 35a URG)

  • Die Vervielfältigung und Bearbeitung von Werken zu Forschungszwecken ist in Zukunft zulässig – bspw. Data Mining (Art. 24d URG)

  • Neu können Bibliotheken, Archive, etc. Werkauszüge (bspw. Inhalts- und Literaturverzeichnis) aus Bestandsverzeichnissen veröffentlichen (Art. 24e URG)

Internationale Abkommen

Im Rahmen der Urheberrechtsrevision wurden auch der Vertrag von Peking sowie der Vertrag von Marrakesch ratifiziert. Beides sind Abkommen der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) und vor allem der Vertrag von Peking trägt zur weiteren Harmonisierung des Urheberrechts bei. Im Gesetz selbst, waren nur punktuelle Anpassungen notwendig, da die Schweiz in den meisten Punkten die Anforderungen bereits erfüllt hatte.


Dieser Beitrag wurde von RA Yves Gogniat verfasst.

Für individuelle Fragen und als direkter Ansprechpartner steht Ihnen Balthasar Wicki gerne zur Verfügung.