Revision der gesamtschweizerischen Standesregeln (SSR) des Schweizerischen Anwaltsverbandes

Per 1. Juli 2023 sind die neuen gesamtschweizerischen Standesregeln (SSR) in Kraft getreten.

Die Revision strebte eine allgemeine Modernisierung an. Neben der Neuformulierung der berufsrechtlichen und berufsethischen Vorgaben wurden die Standesregeln insbesondere um Regelungen bezüglich Digitalisierung und Outsourcing (Art. 34-38 SSR) ergänzt. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen im Rahmen ihrer Berufsausübung nun ausdrücklich digitale Anwendungen und Hilfsmittel verwenden und auch eigene Online- oder andere digitalisierte Dienstleistungen erbringen soweit dabei die Grundsätze der Berufsausübung gewährleistet sind. Einerseits wird neu klar festgehalten, dass die ungesicherte elektronische Kommunikation mit Klientinnen und Klienten unter Vorbehalt der Zustimmung der Klientschaft erlaubt ist. Das Einverständnis der Klientschaft wird dabei vermutet, wenn die Klientschaft selbst und ohne Vorbehalt ungesichert digital kommuniziert. Andererseits ist nun auch die Erbringung und das Anbieten von Anwaltsdienstleistungen über digitale Plattformen ausdrücklich erlaubt. In Bezug auf die Daten, die sie im Rahmen ihrer Berufsausübung erlangen und dem Berufsgeheimnis unterstehen, haben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dabei jederzeit sicherzustellen, dass diese so aufbewahrt und für den digitalen Zugriff bereitgestellt werden, dass sie nach dem Stand der Technik vor unerlaubtem Zugriff Dritter geschützt sind. Des Weiteren halten die revidierten Standesregeln neuerdings fest, dass auch Dritte mit der Erbringung von digitalen oder persönlichen Hilfsdienstleistungen für die Berufsausübung beauftragt werden dürfen. Solche Dritte gelten als Hilfspersonen gemäss Art. 321 StGB und sind ebenfalls dem Berufsgeheimnis unterstellt, wobei die Anwältinnen und Anwälte ihrerseits die Einhaltung der Berufsregeln, insbesondere des Berufsgeheimnisses, durch eine sorgfältige Auswahl und Instruktion des Dienstleistungserbringers sowie durch eine ausreichende vertragliche Regelung sicherstellen müssen. Die Speicherung und anderweitige Bearbeitung von Daten kann dabei, solange die genannte Datensicherheit gewährleistet ist, auch bei Betreibern von entsprechenden Infrastrukturen oder Anwendungen für die Mandatsführung erfolgen.

Wir begrüssen die Modernisierung der Standesregeln. Genau wie andere Branchen muss auch die Rechtsbranche mit dem aktuellen Stand der Technik mithalten und die technologischen Fortschritte zur Verbesserung der Qualität und Effizienz ihrer Tätigkeit nutzen. Die Verwendung elektronischer Hilfsmittel sowie die digitale Kommunikation mit Klienten wurden zwar bereits vor der Revision der Standesregeln eingesetzt, mangels klarer Rechtsgrundlagen konnten zur Rechtfertigung dieses Usus jedoch stets nur allgemeine Rechtsgrundsätze herangezogen werden. Mit der Revision der Standesregeln wurde nun aber erstmals eine klare Rechtsgrundlage für die Digitalisierung im Anwaltsberuf geschaffen und damit ein Zeichen gesetzt, dass sich auch der Anwaltsberuf parallel zu anderen Branchen modernisieren und digitalisieren sollte, damit eine effizientere Mandatsarbeit für die Klienten gewährleistet werden kann.