Mietzinsanpassungen für Wohnraum aufgrund einer Erhöhung des Referenzzinssatzes – Grenzen des Erlaubten

Der Mietzins orientiert sich am Referenzzinssatz

Gemäss dem Schweizer Mietrecht orientiert sich der Mietzins seit 2008 am hypothekarischen Referenzzinssatz. Der Referenzzinssatz, welcher sich auf den hypothekarischen Durchschnittszinssatz der auf Schweizer Franken lautenden inländischen Hypothekarforderungen der Schweizer Banken stützt, wird vierteljährlich erhoben und ersetzt den zuvor massgebenden kantonalen Zinssatz für variable Hypotheken. Grundidee der Anlehnung der Mietzinse an den Referenzzinssatz war die landesweite Harmonisierung der Mietzinsgestaltung.

Bei der Einführung des Referenzzinssatzes im Jahr 2008 lag dieser bei 3.5%, wobei er anschliessend bis heute nur eine Richtung kannte, und zwar nach unten. Seit März 2020 liegt der Referenzzinssatz bei 1.25%. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Referenzzinssatz ab Sommer 2023 erstmals angehoben wird. Der aktuelle Referenzzinssatz, aber auch seine Entwicklung, wird auf der Webseite des Bundesamtes für Wohnungswesen (Link) veröffentlicht. Liegt der Referenzzinssatz insgesamt unter 5%, wird mit der Erhöhung des Referenzzinssatzes um jeweils 0.25% eine maximale Erhöhung des Mietzinses um 3% gerechtfertigt. Das heisst, bei einem Anstieg des Referenzzinssatzes von 1.25% auf 1.5%, könnte der Mietzins um 3% erhöht werden und beim Anstieg von 1.5% auf 1.75% abermals.

Ab wann gilt eine erhöhte Miete?

Die Anpassung eines Mietzinses basierend auf einer Referenzzinssatzerhöhung ist nach Veröffentlichung des neuen Referenzzinssatzes bereits auf den nächsten Kündigungstermin möglich. Die geltenden Kündigungstermine richten sich nach dem jeweiligen Mietvertrag. Sofern im Mietvertrag keine Kündigungstermine geregelt sind, kann der Mietvertrag bei Wohnungen mit der gesetzlichen Frist von drei Monaten auf den nächsten ortsüblichen Kündigungstermin gekündigt werden. Die ortsüblichen Kündigungstermine hängen vom jeweiligen Wohnort ab und können bei den Schlichtungsbehörden der Wohnbezirke erhältlich gemacht werden.

Wie erfolgt die Mietzinserhöhung?

Möchte ein Vermieter den Mietzins erhöhen, neue oder erhöhte Nebenkosten geltend machen, hat er dies dem Mieter auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitzuteilen und zu begründen. Wird die Mietzinserhöhung nicht auf einem solchen amtlichen Formular mitgeteilt und begründet, oder wird dem Mieter mit der Mitteilung zugleich die Kündigung angedroht, ist die Mietzinserhöhung nichtig, d.h. sie entfaltet keine Rechtswirkung und ist rechtlich unverbindlich.

Wichtig ist zudem, dass Vermieter die Miete aufgrund eines erhöhten Referenzzinssatzes lediglich erhöhen können, wenn sie die Mieterschaft in der Vergangenheit auch von Referenzzinssatzsenkungen haben profitieren lassen. Mit anderen Worten, wenn der aktuelle Mietzins nicht auf dem aktuellen Referenzzinssatz von 1.25% basiert, kann der Mietzins infolge eines ersten Anstiegs des Referenzzinssatzes nicht erhöht werden. Von Mietzinserhöhungen aufgrund eines allenfalls steigenden Referenzzinssatzes werden dementsprechend vor allem Mieter betroffen sein, die erst kürzlich in ihre Mietwohnungen eingezogen sind, oder jeweils Mietzinssenkungen aufgrund des sinkenden Referenzzinssatzes verlangt haben.

Mietzinse sind in jedem Fall missbräuchlich, wenn mit ihnen ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird. Die Rendite auf dem (teuerungsbedingten) Eigenkapital darf den Referenzzinssatz nicht um mehr als 2% übersteigen, wenn dieser höchstens 2% beträgt. Das heisst, nach einer Erhöhung des Referenzzinssatzes von 1.25% auf 1.5% dürfte die Rendite auf dem Eigenkapital höchstens 3.5% (1.5% + 2%) betragen, bei einem Referenzzinssatz von 1.75% höchstens 3.75% (1.75% + 2%).

Erzielung eines übersetzten Ertrags aus einer Mietsache

1. Ertragsberechnung

Um zu prüfen, ob der Ertrag aus einer Mietsache übersetzt ist, muss dieser berechnet werden. Die Berechnung des Ertrags einer Mietsache und die Erkennung einer missbräuchlichen Mitzinserhöhung setzt Kenntnisse der Berechnungsmethode, der damit zusammenhängenden Rechtsprechung sowie zahlreicher Informationen zur Mietsache voraus. Der Ertrag aus einer Mietsache bemisst sich gemäss Rechtsprechung nach der Nettorendite auf den vom Vermieter investierten Eigenmitteln. Die Nettorendite gibt das Verhältnis zwischen den, nach Abzug aller Kosten (Aufwand), verbleibenden Einkünften (Nettoertrag) und den vom Vermieter persönlich investierten Mitteln (Eigenkapital) wieder. Zur Berechnung der Nettorendite ist wie folgt vorzugehen:

a)     Ermittlung des investierten Eigenkapitals

  • Ermittlung der Höhe des ursprünglich investierten Eigenkapitals für das Mietobjekt (d.h. Anlagekosten abzüglich Fremdkapital).

  • Anpassung des ursprünglich investierten Eigenkapitals durch Berücksichtigung von Amortisationen auf dem Fremdkapital und Hinzurechnung eigenfinanzierter, wertvermehrender Investitionen. Ebenfalls kann eine Teuerung aufgerechnet werden.

b)     Berechnung des jährlichen Nettoerlöses

Berechnung des Nettoerlöses, indem der jährliche Liegenschaftsaufwand von den jährlichen Solleinnahmen des Nettomietzinses abgezogen wird. Berücksichtigt werden die Fremdkapitalzinsen, Betriebskosten, Unterhalts- sowie Verwaltungskosten.

c)      Berechnung der Nettorendite

Berechnung der Nettorendite anhand des jährlichen Nettoerlöses und investierten Eigenkapitals gemäss folgender Formel:

Nettorendite = jährlicher Nettoerlös x 100 ./. investiertes Eigenkapital

2. Ertragsberechnung bei Altbauten

Bei Liegenschaften, welche vor mehr als 30 Jahren erworben oder erbaut worden sind und seither vom gleichen Eigentümer gehalten werden, geht das Kriterium der Orts- und Quartierüblichkeit jenem des Ertrags vor. Die Ertragsberechnung wird dann von der nach Marktprinzip definierten Vergleichsmiete abgelöst.

Informationsbeschaffung für die Berechnung des Ertrags aus der Mietsache

Da nur der Vermieter über die für die Berechnung des Ertrags aus der Mietsache notwendigen Unterlagen verfügt, muss der Mieter diese vom Vermieter verlangen. Sollte dieser nicht freiwillig kooperieren, ist es für den Mieter wichtig zu wissen, dass der Vermieter diese spätestens in einem Gerichtsverfahren offenlegen muss. Er hat im laufenden Gerichtsverfahren selbst ein Interesse daran, möglichst viele Unterlagen zusammenzutragen, denn nicht belegte Kosten werden vom Gericht bei der Berechnung nicht berücksichtig.

Anfechtung einer Mietzinserhöhung

Für die Anfechtung einer Mietzinserhöhung haben Mieter 30 Tage seit Zustellung des amtlichen Mietzinserhöhungsformulars Zeit. Die Frist beginnt an dem Tag zu laufen, an dem die eingeschriebene Erhöhungsmitteilung bei der Post abgeholt wurde. Wird die Postsendung nicht abgeholt, wird davon ausgegangen, dass der Mieter sie am letzten Tag der 7-tägigen Abholfrist erhalten habe.

Entscheidet der Mieter sich für eine Anfechtung, muss dies der zuständigen Schlichtungsbehörde mitgeteilt werden. Das Schlichtungsgesuch kann entweder schriftlich bei der Schlichtungsbehörde eingereicht oder mündlich bei dieser zu Protokoll gegeben werden.

Damit Mieter ihre Rechte vereinfacht geltend machen können, fallen im Schlichtungsverfahren bei Streitigkeiten aus Miet- und Pachtsachen von Wohnräumen keine Gerichtsgebühren an. Zudem werden auch keine Parteientschädigungen gesprochen. Der Mieter müsste folglich im Schlichtungsverfahren einzig die Kosten eines allenfalls selbst beigezogenen Anwalts tragen.

Sollten die Schlichtungsverhandlungen scheitern, kann das zuständige Gericht angerufen werden. Das Gerichtsverfahren kennt als so genanntes "vereinfachtes Verfahren" ebenfalls einige Erleichterungen für prozessunerfahrenen Personen. Die Klage kann beispielsweise ohne Begründung bei Gericht eingereicht oder mündlich bei Gericht zu Protokoll gegeben werden. Zudem stellt das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen fest.

Fazit

Mieter können aus verschiedenen Gründen mit der Erhöhung des Mietzinses konfrontiert werden, namentlich aufgrund eines steigenden Referenzzinssatzes, aber auch wegen Teuerung, gestiegenen Unterhalts- und Betriebskosten, Umbauten, Renovationen oder Erhöhungen der Nebenkosten.

Umso wichtiger ist es für Mieter, die Mietzinserhöhung sowohl formell wie auch inhaltlich genau zu prüfen und falls nötig, rechtlichen Rat einzuholen. Aber auch Vermieter sollten sich bei einer geplanten Mietzinserhöhung umfassend über das Vorgehen und das rechtlich Erlaubte informieren.


Bei Fragen zum Thema Mietrecht wenden Sie sich gerne an Vivien Keiser.